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Les Poëte

Erst einmal weg, um zurückzukehren

Moins mais mieux – weniger ist mehr – ist das Motto der Winzers Guillaume Sorbe, der an der südlichen Grenze des Berry in Preuilly seine Weine erzeugt. Guillaume stammt aus einer Winzerfamilie, und eigentlich hätte er das in Brinay gelegene Familienweingut Jean-Michel Sorbe übernehmen können. Doch damals war er noch nicht so weit, und so wurde das Weingut 1999 an Joseph Mellot aus Sancerre veräußert.

Guillaume war schon immer ein unabhängiger Geist, und so wollte er seinen Heimatort erst einmal verlassen und in Bourges Hotel- und Gaststättenmanagement sowie Sommellerie zu studieren. Sorbe begann seine Karriere als Koch in Gourmet-Restaurants und setzte sie ab Mitte 20 als Sommelier in renommierten, teils besternten Restaurants fort. Ab 1998 erwarb er als Chefsommelier einige Parzellen in seiner Heimat und bepflanzte sie neben seiner Arbeit mit Reben.

LA REVUE DU VIN DE FRANCE

Die Weine sind Spitzenklasse und gehören heute zu den anspruchsvollsten Weißweinen des Loiretals.

Außerdem begann er mit der Pflege einiger alte Rebzeilen seines Großvaters. Das setzte er einige Jahre weiter fort, wurde immer interessierter und begann schließlich das Studium der Önologie in Beaune. Nach mehreren Praktika, vor allem in Pommard, gründete er 2007 seine eigene Domaine Les Poëte am Cher, einem Nebenfluss der Loire, und erzeugte 2011 seinen ersten Jahrgang, mehr als zehn Jahre nach den ersten Pflanzungen. Benannt hat er sein Weingut nach seiner Großmutter, deren Mädchenname Esther Poëte lautet. 


Grands Vins aus der Touraine, aus Pouilly, Quincy und Reuilly

Recht früh ist Guillaume klar geworden, dass er nicht einfach nur Weinberge besitzen sollte, sondern viel mehr ein ganzes Ökosystem aufbauen müsste. So hat er zwar im Laufe der Zeit 17 ha erworben, jedoch lediglich 6,45 ha davon mit Reben bepflanzt – gemäß seinem Motto moins mais mieux.

Seine Sichtweise ist ökologisch und ganzheitlich mit vielen biodynamischen Ansätzen. Vor allem geht es ihm um Biodiversität, und so finden sich in seinem Weingut neben den Reben auch Pferde, Schafe, Bienen und Hühner, die er teilweise auch selber züchtet. Seine Weinberge verteilen sich auf insgesamt 28 Parzellen mit 1,35 Hektar Pinot Noir und 0,5 Hektar Pinot Gris in Reuilly sowie Sauvignon Blanc in Reuilly, Quincy, Pouilly-Fumé und in der Touraine.

Langer Ausbau

In Guillaumes Weinkeller wird jede der 28 Parzellen separat und mit nur wenigen Eingriffen vinifiziert und ausgebaut. Vergoren wird meist im Edelstahl, die jünger lancierten Weine wie Le S des Poëte und Pouilly-Fumé reifen im Tank und teilweise im Fass, die Crus, die erst drei Jahre nach der Lese erscheinen, werden in gebrauchten 400- und 600-Liter-Fässern ausgebaut. Natürlich wird hier nach der Ganztraubenpressung spontan vergoren und der Wein lange auf der Hefe belassen. Der Pinot Noir wird als Ganztraube vergoren und nur ganz zurückhaltend extrahiert. Er ist der einzige Wein, bei dem man einen Holzabdruck spürt. Sorbes Weine sind durch die Bank sehr sinnlich, kraftvoll und aussagekräftig. Schon der Le S des Poëte zeigt diese Sinnlichkeit. Dabei sind die Weine nie laut, eher eindringlich. Der Pouilly-Fumé ist sicher der kargste und der wohl eindringlichste Wein, Orphée und Argos bestechen durch ihre schiere Kraft bei gleichzeitiger Eleganz und Finesse. Der Toison d’Or gehört in seiner unaufgeregten, hellen und klaren Art zu den schönsten Grauburgundern, die ich bisher im Glas hatte. Bleibt der Odyssée, ein Pinot Noir, der eindrücklich zeigt, wie gut diese Sorte in der Region sein kann (aber immer noch sehr selten ist). Die Mischung aus Sinnlichkeit, Tiefe und Frische ist fantastisch. 

Text von Christoph Raffelt
Oktober 2022
Author Christoph Raffelt