Verkostungsnotiz von vom 14.11.2016, Copyright Christoph Raffelt und Vinaturel:
Kurzvita Christoph Raffelt:
Christoph Raffelt, der Herausgeber des Blogs orginalverkorkt.de , schreibt seit 2007 über Wein. Mittlerweile ist das Blog originalverkorkt.de mit mehr als 800 Artikeln zu einer festen Größe in der deutschsprachigen Weinwelt geworden. Neben der Bloggerei hat es ihm das Podcasten angetan. Zusammen mit seinem Freund Holger Klein gibt es alle vier bis fünf Wochen die Weinunterhaltungssendung WRINT Flaschen. Dazu erscheinen Originalverkorkt-Podcasts mit Persönlichkeiten aus der Weinwelt. Zudem schreibt er regelmäßig für Schluck, effilee und die taz.
Zwei Hektar sind bei Marlène Soria mit einem Mischsatz unterschiedlichster südlicher weißer Rebsorten bepflanzt. Rolle (Vermentino) und Roussane stehen hier mit Terret, Ugni blanc, Viognier, Grenache blanc und Carignan blanc. Der Wein wurde über 15 Jahre hinweg im großen Holzfass ausgebaut.
Ein Weißwein aus dem Languedoc, 15 Jahre lang im großen Holz ausgebaut, kann nur völlig ungewöhnlich sein. Dieser Wein zeigt Dimensionen, wie man sie in ganz traditionell arbeitenden Rioja-Bodegas findet, im Jura oder in Jerez. Der Oro erinnert im Duft an diese mehr oder weniger oxidativ ausgebauten Weine. Nüsse und grüne Walnüsse treffen auf Kräuter, zerriebene Austernschale, getrocknete wie frische Zitrusfrüchte und Zitronat, mürbe Äpfel, Quitten, Bienenwachs, Lanolin, Enzian und trockene Erde. Der überaus komplexe Duft kündigt Großes an.
Wer den Oro öffnet und direkt trinkt, dürfte zunächst enttäuscht sein. Dann wirkt der Wein etwa wie ein weißer Portwein, der nicht angereichert wurde. Der Oro braucht Luft, Luft und nochmal Luft. Entsprechend früh vor dem Genuss sollte er daher in eine Karaffe gegossen werden. Am meisten Spaß macht er, wenn man ihn über Tage hinweg trinkt; denn dann entfaltet er seine ganze Komplexität. Dann wird aus dem Oro ein großer weißer Cru des Südens, ein Wein mit immenser Dichte und einer gerbstoffreichen Textur, ein Wein, der mit 14,5 % zwar aus dem üblichen Weißweinrahmen fällt, dem man das aber nicht übel nimmt; denn der Oro steht außerhalb der üblichen Kategorien. Frucht ist hier weitgehend fehl am Platze. Der Wein definiert sich nahezu ausschließlich über das dann fordernde, mit Texturen spielende Mundgefühl, ist trotz aller Wucht frisch und salzig und das mit zunehmender Zeit und Luft, die man ihm gibt.
Speiseempfehlungen von Christoph Raffelt:
- Tarte mit Zwiebeln und geschmortem Fenchel
- Porc rôti, Schweinebraten mit Oliven- und Fenchelfüllung
- Poularde mit Oro-Sauce, Steinpilzen und Rahm