Verkostungsnotiz von vom 25.06.2020, Copyright Sebastian Bordthäuser und Vinaturel:
Kurzvita Sebastian Bordthäuser:
Sebastian Bordthäuser ist Quereinsteiger. Der studierte Gitarrist und Germanist machte seine Leidenschaft zur Passion und ist stets bestrebt, eine gemeinverständliche Sprache für den Wein zu finden. Die Grundlagen der Sensorik sind das Fundament für seine Liebe zum Wein. Nach seinen Job als Chefsommelier im Steinheuers Restaurant Zur Alten Post (Michelin **, 19 GM) schreibt der „Falstaff Sommelier des Jahres 2012“ für Effilee, BEEF, die Welt Am Sonntag und weitere Genussmagazine und ist immer auf der Suche nach kulturgeschichtlichen Hintergründen und Abgründen. Zahlreiche Moderationsjobs schärfen sein Profil als Weinunterhalter.
Der Vieille Vigne de Levant ist der erste Einzellagen Champagner, den Pierre Larmandier 1988 erstmals auf die Flasche brachte. Zwischenzeitlich hat sich sein ursprünglicher Name „Vieille Vigne de Cramant“ in seinen heutigen Namen „Vieille Vigne de Levant“ geändert. Die Reben für diesen Grand Cru-Champagner stammen aus Cramant von 57 bis 80 Jahre alten Reben aus Lagen mit süd- südöstlicher Ausrichtung. Deren tiefes Wurzelwerk garantiert die Komplexität und Tiefgründigkeit dieses Weines.
Der Jahrgang 2011 zeigt sich kraftvoll und ausladend. Der Frühling ähnelte dem Sommer, und der wiederum dem Herbst. Sommerstürme und Hagelschlag zogen ohne nennenswerte Schäden an den Reben vorbei und füllten die Wasserreserven der Böden kurz vor der Ernte, die von einer Hitzewelle begleitet wurde. Spontan vergoren in Stockinger Gärständern und Fässern reiften die Weine ein Jahr auf der Hefe ohne Schönung oder Filtration, bis sie im darauf folgenden Juli gefüllt wurden. Dieser Jahrgangs-Champagner besteht ausschließlich aus der 2011er Lese und enthält keinerlei Reserveweine. Nach sieben Jahren Reife „sur lattes“ wurde er 12 Monate vor seinem Marktauftritt von Hand degorgiert und mit schlanken 2 Gramm knochentrocken Versand-dosiert.
Leuchtendes Strohgelb, strahlend und klar mit frenetischer Perlage.
Ruhig und geerdet wirkt der 2011 Vieille Vigne du Levant von Larmandier-Bernier. Balanciert und bedacht verbindet er Zeit, Terroir und Traube. Eingehüllt in füllig warme Autolysenoten, die an salziges Haselnuss-Brioche erinnern, wird er salzig grundiert von Aromen nach Austernschalen. Rauchig umrahmt hält sich die Frucht bedacht im Hintergrund, vorlautes Geschwätz wäre hier eindeutig fehl am Platz. Etwas gedörrte Quitte, heller Honig und Zitronat raunen sonor im Hintergrund, würzig ergänzt durch Haselnussschalen, Akazie und dunkel gebackenes Brioche nebst cerealen Getreidenoten. Ein vielschichtig-komplexes Kaleidoskop mit zart oxidativen Sekundär-Aromen, dessen aromatisch goldener Glanz um leicht kupferne Facetten in fulminant ausgeleuchteter Manege bereichert wird.
Adrett gescheitelt in maßgeschneiderter Uniform und polierten Stiefeln gibt er den Takt vor und bespielt mit seinem souveränen Wesen mühelos jede Arena. Das Mousseux ordnet sich willfährig dem Gesamtauftritt unter und fungiert vornehmlich als dritte aromatische Dimension denn als sprudelndes, primär haptisches Merkmal. Zarte Röstnoten nach Nuss und Brotkrume befinden sich in freudvoller Allianz mit zurückhaltender Frucht, feiner Würze und dem fundamentalen Bass zarter Oxidation. Komplex und vielschichtig mit hoher aromatischer Dichte sorgt der weinige Stil des Hauses selbstgewiss für gleichmäßigen Trinkfluss, der durch adäquate Speisenbegleitung ins Extraterrestrische gesteigert werden kann.
Speiseempfehlungen von Sebastian Bordthäuser:
- Terrine von weissem und grünem Spargel mit Estragon, Erbsen und Morchel-Vinaigrette
- Leipziger Allerlei mit Flusskrebsen
- Hühner-Frikassee von der Bresse-Poularde mit Erbsen, Spargel und Morcheln