Verkostungsnotiz von vom 24.09.2018, Copyright Christoph Raffelt und Vinaturel:
Kurzvita Christoph Raffelt:
Christoph Raffelt, der Herausgeber des Blogs orginalverkorkt.de , schreibt seit 2007 über Wein. Mittlerweile ist das Blog originalverkorkt.de mit mehr als 800 Artikeln zu einer festen Größe in der deutschsprachigen Weinwelt geworden. Neben der Bloggerei hat es ihm das Podcasten angetan. Zusammen mit seinem Freund Holger Klein gibt es alle vier bis fünf Wochen die Weinunterhaltungssendung WRINT Flaschen. Dazu erscheinen Originalverkorkt-Podcasts mit Persönlichkeiten aus der Weinwelt. Zudem schreibt er regelmäßig für Schluck, effilee und die taz.
240 Meter über Normal-Null und bis zu 40 % steil ist der Zellerweg am Schwarzen Herrgott – eine der ältesten Weinbergslagen in Deutschland. Eine erste Erwähnung findet sie im 8. Jahrhundert, hatte aber zwischenzeitlich ihren Ruf nicht halten können und geriet in Vergessenheit. Nicht zuletzt dank Hans-Oliver Spanier hat sich das grundlegend geändert. Heute ist klar, dass diese Lage, die genau auf der Grenze zur benachbarten Pfalz liegt und fast aus reinem Kalkstein besteht, eine der spannendsten Riesling-Lagen Deutschlands ist.
Ganz sicher entsteht im Zellerweg am Schwarzen Herrgott Jahr für Jahr eines der dunkelsten, tiefgründigsten und radikalsten Großen Gewächse Deutschlands. Wenn Hans-Oliver Spanier von liquid Earth spricht, wenn es um seine Art und Weise geht, Weine zu erzeugen, dann kann man das bei diesem Riesling zu 100 % nachvollziehen. Er öffnet sich nur ganz langsam und nur mit viel Geduld – was völlig normal ist bei einem solchen Wein, der einfach Zeit braucht. Dann nimmt man zunächst eine leicht oxidative Note wahr und danach vor allem Zitrusfrucht, Stein und Austernschale, etwas salzig Jodiges kommt hinzu, Trockenkräuter und sogar ein Hauch von schwarzen Beeren.
Am Gaumen zeigt sich die Kraft, der Druck, die messerscharfe Mineralität, die glasklare, unverfälschte Säure und die gleichzeitig unfassbare Entspanntheit und Geschlossenheit, die einen großen Wein ausmacht. Es ist wie beim Taktgefühl eines großen Jazzmusikers, der extrem laid-back spielen kann und doch immer im Metrum bleibt. Herbe, saftige und zitrische Fruchtnoten sowie ein wenig Mirabelle treffen auf steinige und erdige Noten. Der Gerbstoff sorgt für eine markante Textur, die vom Kalkstein bestimmte Säure wirkt aufrüttelnd wie eine 9-Volt-Batterie. Das ist großartig und steckt doch noch in den Kinderschuhen. Der Zellerweg braucht eben Zeit.
Speiseempfehlungen von Christoph Raffelt:
- In Pergament gegarte Muscheln mit Kokosmilch, Ingwer und Limetten
- Geröstete Kalbsleber in Schalotten-Majoransaft mit Butterreis
- Topinambur mit Waldpilzen, Steckrübe und grünen Mandeln (vegetarisch)