Verkostungsnotiz von vom 02.10.2016, Copyright Christoph Raffelt und Vinaturel:
Kurzvita Christoph Raffelt:
Christoph Raffelt, der Herausgeber des Blogs orginalverkorkt.de , schreibt seit 2007 über Wein. Mittlerweile ist das Blog originalverkorkt.de mit mehr als 800 Artikeln zu einer festen Größe in der deutschsprachigen Weinwelt geworden. Neben der Bloggerei hat es ihm das Podcasten angetan. Zusammen mit seinem Freund Holger Klein gibt es alle vier bis fünf Wochen die Weinunterhaltungssendung WRINT Flaschen. Dazu erscheinen Originalverkorkt-Podcasts mit Persönlichkeiten aus der Weinwelt. Zudem schreibt er regelmäßig für Schluck, effilee und die taz.
Wer an Tokaji denkt, hat möglicherweise zuerst Bilder des Habsburger Hofes vor Augen und Geschichten der K.u.K.-Monarchie. Wohl kaum ein Wein ist so eng mit den königlichen Höfen und deren Prestige verbunden, wie der Tokaji. Entsprechend waren die edelsüßen Weine auch immer »der Wein der Könige und der König der Weine«, wie Ludwig XIV. es umschrieben haben soll. Eines der Häuser, die schon sehr früh den ungarischen Hof mit Weinen beliefert haben, ist Királyudvar, was so viel heißt wie »der Hof der Könige«. In der goldenen Zeit des Tokaji vom 16. bis ins 18. Jahrhundert gehörten die Tokaji Aszú von Királyudvar zu den berühmtesten der Welt.
78 % Furmint, 22 % Hárslevelű aus der Einzellage Lapis auf vulkanischem Boden, grauem und braunem Ton und weißem Ryolit-Tuff auf bis zu 230 Metern Höhe. Spontanvergärung in 500-Liter-Holzfermentern aus ungarischer Eiche. 28 Monate Ausbau in 2.250-Liter-Fässern aus ungarischer Eiche. Bei einem 6 Puttonyos (Bütten) werden sechs Bütten edelfauler Beeren à 22 Kilo zu 136,5 Liter Grundwein gegeben. Nach dem Ausbau im Eichenfass reift ein 6 Puttonyos noch einmal mindestens sechs weitere Jahre, bevor er in den Verkauf kommt.
Die dichte und sehr komplexe Nase dieses 6 Puttonys aus der besten Lage des Weinguts öffnet sich in einem Aromenbereich, der zwischen Karamell, Backapfel, frischen und getrockneten Marillen, Honig, Malz und Pfirsich Melba changiert und abgerundet wird von feinsten orientalischen Gewürzen wie Piment, Nelke, Zimt, von Räucherwerk, erdigen und torfigen Noten und Bienenwachs. Der Lapis duftet nach einer Botrytis in einer geradezu perfekten, edlen und reinen Form.
Am Gaumen zeigt sich der noch junge Sechs-Pütter ausgesprochen cremig und balanciert, dabei reich und fein texturiert. Nüsse, Honig, Marille und roter Apfel verbinden sich mit einigen Blüten- und Muskataromen, Schwarztee und reifer Zitrone, sogar mit etwas Bergamotte und einer feinen Säure, die sich in diesem frühen Stadium, in dem der Wein sich befindet, noch fast etwas scheu zeigt und doch immer präsent bleibt. Ein Tokaji Aszú braucht Zeit. Entsprechend ist dies eine Investition in einen äußerst tiefsinnigen und komplexen Tokaji Aszú, dessen eigentliche Stunde erst noch kommen wird, bei dem jedoch schon jetzt die Größe sichtbar wird,vor allem dann, wenn man ihn einige Tage vor dem Genuss öffnet und ihm etwas Luft gibt.
Speiseempfehlungen von Christoph Raffelt:
- Gänseleberparfait
- Salzige, kräftige und leicht cremige Blauschimmelkäse wie Roquefort und Stilton (vegetarisch)
- In ruhiger Atmosphäre mit Muße, einfach so, oder vielleicht mit einem Stück Früchtekuchen