Verkostungsnotiz von vom 04.10.2021, Copyright Sebastian Bordthäuser und Vinaturel:
Kurzvita Sebastian Bordthäuser:
Sebastian Bordthäuser ist Quereinsteiger. Der studierte Gitarrist und Germanist machte seine Leidenschaft zur Passion und ist stets bestrebt, eine gemeinverständliche Sprache für den Wein zu finden. Die Grundlagen der Sensorik sind das Fundament für seine Liebe zum Wein. Nach seinen Job als Chefsommelier im Steinheuers Restaurant Zur Alten Post (Michelin **, 19 GM) schreibt der „Falstaff Sommelier des Jahres 2012“ für Effilee, BEEF, die Welt Am Sonntag und weitere Genussmagazine und ist immer auf der Suche nach kulturgeschichtlichen Hintergründen und Abgründen. Zahlreiche Moderationsjobs schärfen sein Profil als Weinunterhalter.
Kai Schätzel betrachtet seine Art der Bewirtschaftung als Antwort auf die Fragen, die die Klimaerwärmung an den Weinbau stellt. Bereits 2008 hat er begonnen, mit nachhaltigen, biologischen und biodynamischen Elementen seine Weinberge am Roten Hang zu bewirtschaften, um autarke und gesunde Reben zu erziehen. Dazu gehört es, die Reife zu entschleunigen und die Berge mittels dry farming in eine neue Balance zu führen. Die Trauben für die Weine werden nach dem Prinzip des selbst entwickelten ‚golden cuts‘ gelesen. Rund 90-100 Tage nach der Blüte wird in mehreren Durchgängen genau dann geerntet, wenn ihre Farbe von grün zu goldgelb wechselt. Im Weingut werden sie mit Füßen getreten, bevor sie eine Woche auf der Maische liegen und dann gepresst werden. In gut 80% aller Fälle wird nicht vorgeklärt bevor der Most mittels Gravitation in Stück- und Halbstückfässer kommt, wo er spontan zu gären beginnt und bis zur Füllung auf der Vollhefe verbleibt. Der Ölberg ist der Wein, der sich in der Jugend stets am zugänglichsten zeigt und eine gewisse Frucht und Wärme im Glas aufbaut.
Helles Strohgelb, leuchtend und klar.
Trotz seiner rein südlichen Ausrichtung zeigt sich die Nase des 2020 Riesling Ölberg Großen Gewächses von Kai Schätzel eher klassisch als ausladend fruchtbetont. In der Nase wirkt der Wein reduziert und würzig geprägt, bis sich mit zunehmender Belüftung die verhaltene Frucht nach vorne traut. Gemahlener weißer Pfeffer wird gefolgt von zart zitrischen Noten, nassem Stein und warmem Terracotta nach einem kurzen Sommerregen. Es folgen distinktive Kräuternoten nach Borretsch, Kerbel und grüner Sauce. Rechtzeitige Belüftung ist die Waffe der Wahl bei avisiertem Genuss in diesem jugendlichen Stadium.
Mit sehnigem Antrunk zeigt er sich zunächst von seiner leptosomen, kargen Seite, bis die Haptik changiert: die Textur wird cremiger und flankiert von kräuterwürzigen und zitrischen Aromen. Ätherisch kühl am Gaumen wird der Obertonbereich garniert von Zitronenmelisse als Schnittstelle der juvenilen Zitrus- und Kräuternoten. Mit schlanker Statur tanzt er leichtfüßig wie profund über des Zechers Palatum, das feinkörnige Tannin ummantelt den vibrierenden Säurenerv das ihn ins lange, kühle Finish begleitet. Langstreckenläufer!
Speiseempfehlungen von Sebastian Bordthäuser:
- Verkohlter Lauch auf Ziegen-Schmand mit Schnittlauch-Öl und gerösteten Salzmandeln
- Scholle in Zitronen-Butter mit Schnittlauch und Kerbel
- Schweinebauch aus dem Rohr mit geschmortem Fenchel